Bundesverband Beruflicher Naturschutz e.V.
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Erdmute von Voithenberg

Der Landschaftsplan in NRW:
Das zentrale Instrument des Naturschutzes seit 1975

Da ein Bundesnaturschutzgesetz als Rahmengesetz lange auf sich warten ließ, haben verschiedene Bundesländer Anfang der 70iger Jahre des letzen Jahrhunderts eigene Naturschutzgesetze beschlossen, so dass es zu unterschiedlichen Regelungen bezüglich Geltungsbereich, Form und Rechtswirksamkeit einer Landschaftsplanung kam.

Das Land NRW hat einen eigenständigen Landschaftsplan für den Außenbereich als  rechtsverbindlichen Fachplan vorgeschrieben, der gleichwertig neben der Bauleitplanung mit gleicher Rechtsqualität steht. „So, wie der Ortsbereich nicht auf eine regelnde Bauleitplanung verzichten kann, bedarf auch der Außenbereich einer umfassenden, wissenschaftlich abgesicherten und verbindlichen Fachplanung[1]“Landschaftsplanung

Der „1975 in Nordrhein-Westfalen konzipierte Landschaftsplan war sowohl ein völlig neues Instrument des Naturschutzes als auch innerhalb des Systems der  räumlichen Planung, Entwicklung und Entscheidung. Darüber hinaus ist er ein Umsetzungsinstrument. Er ist flächendeckend anzulegen und querschnittsorientiert im Sinne des Schutzes, der Pflege und Entwicklung  von Natur und Landschaft zu erarbeiten. Er lässt die inselartig, punktuelle Sicherung einzelner Teile von Natur und Landschaft hinter sich zugunsten einer großflächig und auf Vernetzung angelegten Gesamtbetrachtung. Damit wird deutlich, dass Naturschutz sich auf die gesamte Kulturlandschaft und nicht mehr nur auf die naturnah erhaltenen Teile des Raumes bezieht. Nicht umsonst heißt deshalb das Recht des Naturschutzes in NRW "Landschaftsgesetz".

Allein der baurechtliche Innenbereich wird vom Landschaftsplan nicht mit erfasst. Als im Außenbereich flächendeckend verbindliches Planwerk (allgemein verbindliche Festsetzungen und Ziele als behördenverbindliche Darstellungen) hat er darüber hinaus demokratisch abgesicherte Regeln zu beachten“[2], die dem Baurecht entlehnt sind. Der Landschaftsplan wird wie der Bebauungsplan als Satzung beschlossen. Allerdings besteht nicht die Möglichkeit, gegen die Festsetzungen des Landschaftsplans mit einer Normenkontrollklage vorzugehen, da die Voraussetzungen nach § 47 I Nrn. 1 und 2 VwGO nicht gegeben sind.

Der selbstständige Landschaftsplan ist in die Hand der Kreise und kreisfreien Städte gelegt und somit eine Pflichtaufgabe im Selbstverwaltungsbereich der Kommunen. Die Kreise und kreisfreien Städte bestimmen den Zeitablauf und die Reihenfolge der Planung damit selbst.

Der als Satzung beschlossene Landschaftsplan bedarf der Genehmigung der Bezirksregierung als höherer Landschaftsbehörde. Er kann jederzeit unter Einhaltung des geltenden Verfahrens, auch ggf. durch ein vereinfachtes Verfahren geändert werden.

In der Anfangsphase, als mit dem Instrument noch keine Erfahrungen vorlagen, wurde bei einer ganzen Reihe von Kreisen und kreisfreien Städten einzelne „Modelllandschaftspläne“ entworfen, die von Arbeitsgruppen begleitet wurden, um erste Erfahrungen zu sammeln und ggf. Korrekturen an diesem Instrument vorzunehmen.

„Diese Ergebnisse und auch die später gemachten Erfahrungen flossen in Verordnungen, Erlasse und auch in Gesetzesnovellen ein, um den Landschaftsplan von vornherein landesweit nach abgestimmten Normen formal und inhaltlich fehlerfrei durchführen zu können. In dem Zusammenhang müssen die "Silberfibel" (in den ersten drei Jahren drei Auflagen) und das Handbuch "Rechts- und Verwaltungsvorschriften zum Landschaftsplan NRW" (1988/1990) als wichtiges Handwerkszeug herausgestellt werden

Um das Verfahren weiter zu vereinfachen und erleichtern, wurde mit zunehmender Absicherung des inhaltlich konzeptionellen Vorgehens der verbindliche Teil des Landschaftsplanes gestrafft und auf die wesentlichen Regelungen konzentriert. Dabei galt das Verfahren der Bauleitplanung mit seinen Beteiligungsnormen und der im Laufe der Jahre verdichteten Rechtsprechung als Orientierung. Abb 2a u. 2b zeigen das differenzierte Ablaufschema, das einmal für die Experten und zum anderen vereinfacht für die Öffentlichkeit, für Politiker und interessierte Bürger dargestellt ist.

Um zu vermeiden, dass das Verfahren an der Verständigung über die Verfügbarkeit von Grundstücken hängen blieb, wurde für die Festsetzung von Entwicklungsmaßnahmen die Korridorlösung eingeführt. Auch die Möglichkeit, ein Agrarordnungsverfahren zu veranlassen, wurde ins LG aufgenommen. Es können auch Festsetzungen getroffen werden, für deren Durchführung ein noch folgendes Verfahren einer anderen Fachbehörde erforderlich ist.

Der rechtswirksame Landschaftsplan löste die bereits zuvor bestehenden Schutzverordnungen in seinem Geltungsbereich ab. Er legt inhaltlich und formal die Gesamtschau des Naturschutzes und der Landschaftspflege dar. Regelungen für die Änderung, Aufhebung und Neuaufstellung wurden getroffen.“[3]

Durch die Verpflichtung, die gemeldeten und bekannt gemachten FFH- und Vogelschutzgebiete unter Schutz zu stellen (§ 48c LG), bekam die Landschaftsplanung auf Grund ihrer Zuständigkeit 2003 und 2004 nochmals erheblichen Auftrieb.

Letztlich hat die EU mit ihren Fördermitteln und der FFH- und Vogelschutzrichtlinie in den letzten Jahren noch einmal neue Kraft entfaltet

„Von ca. 390 aufzustellenden Landschaftsplänen dürften bis heute 260 in Kraft sein. Das sind 2/3 und, nimmt man die im Verfahren befindlichen hinzu, werden mit 320 Landschaftsplänen über 80 % der Flächen abgedeckt. Damit kann dem Argument des Vollzugsdefizits durchaus entgegengetreten werden. Die Bedeutung des LP für das Tagesgeschäft wird dadurch deutlich, dass inzwischen ca. 120 Änderungs- und Neuaufstellungsverfahren eingeleitet wurden, einfach z.d.A verfügt wird er also nicht.“[4]

Finanzierung

„Die Wertschätzung zur Erstellung und Umsetzung des Landschaftsplanes kann man durchaus an der Höhe der bereitgestellten öffentlichen Finanzmittel messen, die die einzige Finanzierungsmöglichkeit für einen nicht profitablen Belang, wie den des Naturschutzes, darstellt, wenn man von dem geringen Anteil von Stiftungs- und Sponsorengeldern einmal absieht.

Das Land zeigte sein starkes Interesse und seine Verantwortung indem es den Förderanteil zu den Aufstellungskosten von 75% auf 80% erhöhte. Damit lag der Landesanteil weit über dem Anteil, der nach den Förderrichtlinien sonst für die Vergabe von Planungsaufträgen übernommen wurde. Auch die Abgrenzungsstudien wurden gefördert, ebenfalls Broschüren zur Erläuterung des Landschaftsplanes, um  Kommunalpolitikern und interessierten Bürgern das Instrument vorzustellen. Entscheidend war jedoch die Finanzierung zur Umsetzung der Festsetzungen. Die Umsetzung der ersten 10 rechtswirksamen Pläne wurde vom Land voll übernommen.

Besonders lag NRW auch daran, dass eine verlässliche Umsetzung der Landschaftspläne betrieben wird. Deshalb wurde vom Land ein 3 -5jähriger Durchführungsplan kreiert, an den die Kreise vertraglich gebunden sind und mit dem es ermöglicht wird mit Verpflichtungsermächtigungen mehrjährige Maßnahmen zu finanzieren. Als besonderen Anreiz förderte das Land für alle bis 1990 genehmigten Pläne die Maßnahmen des 1. Durchführungsplanes mit 90% Landesmitteln.

In die Landschaftspläne sind bis 2004 insgesamt etwa 155 Mio € geflossen, davon 11% für die Planung und 89% für die Umsetzung.

Landschaftsplan und Vertragsnaturschutz

Der Vertragsnaturschutz als Regelungskonzept war im Landschaftsplan zunächst nicht angelegt. Es konnten zwar Maßnahmen durchgeführt werden, die im Landschaftsplan nicht festgesetzt waren, wenn sie den Zielen der §§ 1und 2 Landschaftsgesetz entsprachen und den Festsetzungen und Darstellungen des Planes nicht entgegenstanden. Diese waren in der Regel jedoch punktuell oder kleinräumig. Die zur Konfliktentschärfung mit den Flächennutzern eingeführte Korridorlösung anstelle von flächenscharfen Festsetzungen, insbesondere für den Biotopverbund, öffnete den Landschaftsplan auch außerhalb geschützter Gebiete für die Sonderprogramme (Feuchtwiesenschutz-, Mittelgebirgs-, Ackerrandstreifen-, Hecken-, Gewässerauen-, Streuobstwiesen- und Waldschutzprogramm) und den Vertragsnaturschutz (Entschädigungen und Prämienzahlungen), was als eine Erweiterung seines Regelspektrums anzusehen ist. Seit 1988  konnten also Ankauf, Pacht, Entschädigungs- und Ausgleichszahlungen innerhalb eines Landschaftsplans vom Land gefördert werden.

Landschaftsplan und Eingriffsregelung

Neben der Landschaftsplanung ist die Eingriffsregelung das mit dem Landschaftsgesetz neu geschaffene moderne Naturschutzinstrument. „Während der Landschaftsplan der Sicherung, Pflege und eben auch der Entwicklung von Natur und  Landschaft dient (Verbesserungsgebot), hat die Eingriffsregelung mit ihren Entscheidungsschritten -Vermeidung, Ausgleich, Ersatz- auf  die Raumentwicklung so zu reagieren, dass eine weitere Verschlechterung von Natur und Landschaft unterbleibt (Verschlechterungsverbot).

Landschaftsplan und Eingriffsregelung standen in ihren Funktionen als Instrumente des Naturschutzes selbständig und sich gegenseitig ergänzend nebeneinander. Später wurde es gängige Praxis, dass Ersatzgelder von den Kreisen und kreisfreien Städten zur Umsetzung von Festsetzungen im Landschaftsplan herangezogen wurden. Das hat für die Träger von Eingriffsmaßnahmen den Vorteil, dass sie sich nicht um Flächen für Kompensationsmaßnahmen bemühen müssen und dass ihnen die Pflicht zur Betreuung dieser Flächen genommen wird, für die Träger der Landschaftspläne, dass diese für die Umsetzungen der von ihnen beschlossenen Festsetzungen keine eigenen Haushaltsmittel in Anspruch nehmen müssen.

Dieses win - win - Verhältnis macht deutlich, dass die Eingriffsregelung als das merkantil eigentlich wesentlich stärkere Instrument dem Landschaftsplan auch noch seine Verursacherpflichten auferlegt. Geschwächt wird also das Verursacherprinzip, Schaden nimmt der Belang des Naturschutzes und belastet wird der Landschaftsplan, der dadurch zwar fachlich keine Einschränkungen erleidet, für den Investor des jeweiligen Vorhabens jedoch das schwierige Geschäft der Beschaffung von Kompensationsflächen  und der Festsetzung von Maßnahmen übernimmt.“[5]

Fazit

So hat bis heute NRW anders als alle anderen Flächenstaaten der BRD mit seinem verbindlichen Landschaftsplan einen Sonderweg beschritten.

Die umfassenden Erfahrungen mit dem nordrhein-westfälischen Planungsinstrumentarium haben im Vergleich zu den anderen Bundesländern gezeigt, dass der selbstständige Plan als einziger eine richtige und gute Möglichkeit bietet, sowohl den Schutz wie auch den Entwicklungsaspekt auf wissenschaftlicher Basis zielorientiert zu erfassen, zu planen und auch umzusetzen und so das stabile und verlässliche Grundgerüst für den Naturschutz in diesem Lande abzusichern. 

Die von der Wissenschaft schon sehr lange erkannte und heute hochaktuelle Diskussion um die Notwendigkeit der Biotopvernetzung und des Biotopverbundes zur Erhaltung und Wiederherstellung des Naturhaushaltes ist am besten mit einer effektiven selbstständigen Fachplanung mit Durchsetzungs- und Umsetzungsmöglichkeiten zu realisieren. Eine in der Bauleitplanung integrierte Landschaftsplanung wird bei Weitem diesem Anspruch nicht gerecht und erfüllt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege weder formal noch inhaltlich.

 

Detmold, den 7.11.2010



[1]              Hans Otto Bäumer

 

[2]              Enno Heidtmann

 

[3]              Auszug aus einem Vortrag von Enno Heidtmann 2009 - Redebeitrag zum NUA-Seminar am 18.12.2009 in Königswinter

 

[4]              Auszug aus einem Vortrag von Enno Heidtmann 2009 - Redebeitrag zum NUA-Seminar am 18.12.2009 in Königswinter   

 

[5]              Auszug aus einem Vortrag von Enno Heidtmann 2009 - Redebeitrag zum NUA-Seminar am 18.12.2009 in Königswinter