Klageverfahren Brandenburg
Nach Durchlaufen der 2. Instanz liegt nun das erste Urteil zu diesem Thema vor, das bundesweit gilt:
Wir haben beim Musterprozess einen Teilerfolg erzielt: Bei unpräzisen Ausschreibungen darf kein Endpreis als Fixpreis abverlangt werden. Die Forderung nach einem Gesamtpreis führt zum Vergabgerechtsverstoß siehe Urteilsbegründung mit Kommentar siehe pdf.
Das vollständige Urteil sehen sie auf den folgenden Seiten.
Weitere Informationen zum Vergaberecht
Vergabe
Naturschutzfachliche Gutachten und landschaftsökologisch-planerische Leistungen – z.B. Biotopkartierungen und Monitoring in Natura-2000-Gebieten – werden oft wie gewerbliche Lieferleistungen und Dienstleistungen nach VOL = Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen ausgeschrieben. Dies geschieht vermutlich aus Unkenntnis des Vergaberechts, welches eine Ausschreibung nach VOL für Leistungen, die Freiberufler anbieten, nicht zulässt – egal ob es sich um erschöpfend beschreibbare Leistungen handelt oder nicht.
Da bei der VOL der Preis im Vordergrund steht, werden die Naturschutz-GutachterInnen und Planungsbüros zu hartem Wettbewerb gezwungen und bieten Leistungen hoch qualifizierter Fachkräfte zu Tiefpreisen an. So müssen z.B. Diplom-Biologen Biotope im Akkord und für Honorare unter Existenzminimum kartieren und bewerten. Darunter leidet die Qualität der Ergebnisse.
Ob es sich bei den Leistungen um „erschöpfend beschreibbare“ handelt, ist erst über dem EU-Schwellenwert (seit 2012 = 200.000 €, turnusgemäße Anpassung alle zwei Jahre) von Relevanz.
Der BBN ist zusammen mit der Gütestelle Honorar- und Vergaberecht (GHV) der Ansicht, dass landschaftsökologische Leistungen wie Biotopkartierungen eindeutig nicht erschöpfend beschreibbar sind. Daher fordert der BBN eine Vergabe landschaftsökologischer Leistungen über dem Schwellenwert nach der VOF = Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen.
Unterhalb des Schwellenwertes muss grundsätzlich freihändige Vergabe erfolgen – gerne in Anlehnung an VOF. Die Grundsätze der freihändigen Vergabe sind Diskriminierungsverbot, Streuen, Leistungswettbewerb und Transparenz. Die Auswahl der Gutachter bzw. Planungsbüros richtet sich dabei primär nach Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit, erst sekundär nach dem Preis.
Die Behörde ist als Auftraggeberin verpflichtet, vor der Vergabe realistisch den Aufwand und einen auskömmlichen Preis zu kalkulieren.
Das optimale Honorar lässt sich durch folgende Faustformel berechnen: Man teile die Summe von vorkalkuliertem Honorar des Auftraggebers und dem Mittelwert der Angebote durch zwei. Den Auftrag erhält so nicht der billigste Bewerber, sondern der Bewerber bei dem die optimalsten Leistung zu erwarten ist (siehe Vortrag rechts).